Größe: 180 x 250 cm
Das hintergründige Thema meines Schaffens ist die Veränderung. Sie ist für mich in allem verborgen. Ein permanenter Zustand, ein ewiges Fließen, das Chancen birgt, wenn wir ihm ohne Furcht
begegnen. Meine Bilder verstehe ich als Momentaufnahmen aus diesem unendlichen Fluss.
So, wie wir nicht wissen, wohin die Veränderung uns führt, so weiß auch ich beim Beginn eines neuen Bildes nicht, wie dieses am Ende aussehen wird. Meist sind es innere Prozesse, Gedankengänge,
die ihren Weg auf die Leinwand finden. Beim Malen lasse ich meiner Intuition freien Lauf. Ich bevorzuge Erd und Grautöne, stille Farben, wie ich sie nenne. Schicht für Schicht aufgetragen,
entsteht aus ihrer Verbindung mit weiteren Materialien eine Vielzahl farblicher Nuancen und Strukturen. Leuchtendes Kolorit setze ich hier nur sehr pointiert ein, um dieses unendliche Spiel der
Farben herauszustreichen . So entstehen Bilder voller Dynamik und intensiver, kraftvoller Ausstrahlung.
17.09. - 05.11.2018
Zitha Klinik Luxembourg Gare, Hôpitaux Robert Schumann, 36 Rue Ste. Zithe, 2763 Luxembourg
Ausstellung: Klare Kante - weiche Farbe mit Liane Deffert
Auszug aus der Eröffnungsrede:
Als ich mir Dorothee Reicherts Bilder zum ersten Mal anschaute, war ich erstmal erstaunt, was ihre
Farbigkeit betraf. Nicht selten scheinen abstrakt arbeitende Maler_innen das Fehlen des Konkreten durch den Einsatz vieler und/oder leuchtender Farben wettmachen zu wollen. Wenn es schon nichts
zu sehen gibt, dann soll der Betrachter wenigstens durch Farbexplosionen beeindruckt werden.
Doch würde man Reicherts Bildern eine Charaktereigenschaft zuschreiben, würde man sie als introvertiert bezeichnen. Die Künstlerin selbst spricht von „stillen Farben“, wenn sie ihre Palette
beschreibt. Erdfarben und Grautöne, Weiß und Schwarz überwiegen in ihren Bildern. Das, was leuchten, was knallen könnte, wird nur minimal und in zarten Tönen eingesetzt. Und trotz dieser Stille,
dieser Zurückhaltung, trotz der zum Teil herrschenden Dunkelheit haben die Bilder eine intensive, kraftvolle Ausstrahlung.
Wie macht Reichert das? Ohne zu viel über die genaue Technik zu verraten, liegt es zum Einen am Zusammenspiel verschiedener Materialien wie Öl- und Acrylfarbe, Marmormehl und anderen. In mehreren Schichten aufgetragen – bei größeren Formaten können das bis zu 15 Übermalungen sein – verleihen sie den Bildern nicht nur eine tiefgründige Wirkung. Ihre jeweiligen Eigenschaften und ihr Verhalten untereinander schaffen eine Vielzahl von farblichen Nuancen und Strukturen auf der Oberfläche.
Zum Anderen, und für die Dynamik der Bilder wesentlich, ist der Lauf der Farben. Dieses ruhige, stete Fließen, ließe sich, so mein Eindruck, zeitlich wie räumlich unendlich fortführen – wäre es nicht durch die Fläche der Leinwand begrenzt. Was wir sehen wäre dann ein Ausschnitt, die Momentaufnahme einer stetigen Entwicklung, einer ständigen Veränderung.
Die Faszination für, und das Experimentieren mit Farben und Farbverläufen hat Dorothee Reichert schon früh für sich entdeckt, und ihre
intuitive Arbeitsweise kommt diesem „Farben- Spiel-Trieb“ sehr entgegen. Was sie malt, beschäftigt sie auch außerhalb des Ateliers. Ihre Gedanken, beim Laufen, beim Einschlafen, mäandern dabei
wohl ebenso frei, wie die Farben auf der Leinwand. Was am Ende dabei herauskommt, überrascht sie oft selbst. Und oft wird ihr auch erst im Nachhinein klar, was sie während der Entstehung
innerlich bewegt hat. So abstrakt ihre Bilder, so konkret die Inhalte, die in ihr arbeiten. Es geht ihr, wie sie selbst sagt „um die Nuancen zwischenmenschlicher Themen“. Auch der Umgang mit
gesellschaftlicher Veränderung spielt mit hinein. Wie begegnen wir Ihr? Mit Angst oder mit Neugier? Dorothee Reichert hat für sich Letzteres gewählt. Wer versteht, dass Veränderung ein
permanenter Zustand ist, ein ewiges Fließen, dem macht sie weniger Angst und sieht sie als Chance, nicht als Gefahr. Wer aufhört, sich an festgefahrene Formen zu klammern, wird freier. Wer Un-
oder noch nicht klar Definiertem mit Phantasie begegnet, erweitert und bereichert seinen
Geist.
Es sind die Nuancen zwischenmenschlicher Themen, welche sich in den Bildern auf symbolische Art spiegeln. „Mixed“ steht für Mischtechniken und Stilmix auf der Leinwand - im realen Leben für Freude und Neugierde am Mix unserer Gesellschaft.
Die Natur hat uns Menschen unter anderem mit Eigenschaften wie Neugierde und Angst ausgestattet und bei jedem von uns sind diese Anlagen mehr oder weniger stark ausgeprägt. Nur durch Zugeständnisse eines jeden Einzelnen ist es möglich, in der Gemeinschaft eine Balance zu finden. Mix in der Gesellschaft hat es immer gegeben. Wir sind das Ergebnis von Völkerwanderung, Eroberung und Ursprungsbevölkerung, wir Deutsche tragen überwiegend das Erbe von Germanen, Kelten, Hunnen, Römern… in uns. Doch eine Nation definiert sich in erster Linie über eine gemeinsame Kultur. Diese gilt es weiter zu formen und einen neuen und gesunden Mix zuzulassen. Es ist der Lauf der Dinge, dass nichts für immer bleibt und eine Veränderung permanent ist.
Anderes in unserer Mitte. Begegnen wir ihm mit Neugierde oder Angst? Eine Frage die wir im Grundsatz auf sämtliche Veränderungen unseres Lebens stellen können. Welcher Typ ist uns sympathisch? Der, der mit viel Neugierde auf alle Veränderungen zugeht oder der sich einigelnde, abblockende, traditionelle? Oder ist da noch wer in der Mitte? Der Neugierige, der Unbekanntem offen gegenübersteht, seine eigenen Werte aber dennoch weiterhin bewahrt haben will..... der neugierige Traditionelle?!
Lange schon ist es außer Mode angepasst zu sein und groß sind die Bemühungen alles zu sein - außer gewöhnlich. Wir würdigen, schätzen oder tolerieren viele Arten der Andersartigkeit, wollen den Kontrast der doch den Reiz ausmacht. Nicht immer das gleiche Einerlei und nicht diese spießige Ordnung, aber bitteschön: keine ausufernde Unordnung.
Mit der Ausstellung „ANDERS“ möchte ich den Reiz der Andersartigkeit betonen. Es ist die stille Farbwahl, die die Bilder prägen. Monochrom abgestimmte Töne in denen mittendrin ein ganz anderer Impuls schwingt. Das stimmiges Farbenspiel umspannt einen kontrastierenden Punkt.
Einer vergleichbaren Spannung unterliegt zurzeit unsere Gesellschaft. Plötzlich ist ganz viel „ANDERES“ zwischen uns. Andere Gesichter, andere Sprachen und Kulturen, andere Werte und immer noch viel Zuspruch. Gleichzeitig Angst und Verunsicherung, dass alles nicht so geschultert werden kann wie gewünscht. Vergessen dürfen wir dabei nicht, dass auch im Vorfeld nicht alles perfekt war, nur bietet sich jetzt eine neue Projektionsfläche. Es wird Reibereien und Konflikte geben, welche hoffentlich friedlich und mit gutem Willen ausgetragen werden.
An uns selbst liegt es, allem Neuen Positives abzugewinnen.
Es ist da, wir müssen es nur erkennen.
HABITAT
Lebensraum – Heimat – Zuhause
Schlagworte, die automatisch ein wohliges Gefühl der Geborgenheit vermitteln. Zuhause ist dort, wo alles vertraut, erkannt ist und ein Verstellen überflüssig. Es ist dort, wo geliebt und verstanden wird, alles wahr sein darf, alles wahr sein sollte. Ich darf schräg sein, meine Macken haben und keiner nimmt’s mir wirklich krumm. Das ist für mich Zuhause. Und im wahrgelebten Zuhause liegt die Kraft Stabilität und Sicherheit zu entwickeln. Wir selbst haben die Wahl, dieses Gefühl der Geborgenheit auszudehnen, wenn wir auch an anderen Orten, vor allem zu uns selbst und zu unserem Umfeld ehrlich sind.
Die aktuellen Bilder symbolisieren dieses Gefühl. Wer will, kann Höhlen ausmachen, Nester hier und dort, Linien, die alles durchziehen, so wie im wahren Leben eins das andere kreuzt. Symbolisch zu betrachten ist auch die Vorgehensweise: Nicht das alleinige Malen stand im Vordergrund, die Arbeiten wurden phasenweise angesetzt und die unterschiedlichen Werkstoffe sind geflossen oder haben sich miteinander entwickelt. Vergleichbar einem Kind, das sich frei entfalten soll und doch bedingt gelenkt wird, ohne konkret zu wissen wo es hin triftet, so fließt auch Farbe in eine in etwa vorgegebene Richtung, nicht wirklich kontrollierbar. Oder vergleichbar einem Paar, das nach jahrelanger gemeinsamer Entwicklung am Ende nicht mehr genau weiß, wer was - von wem übernommen hat.
Wichtig bleibt, welche Medien, welche Töne angesetzt werden. Symbolisch, im Vergleich dazu, steht die Wichtigkeit der Wahrheit und der Zuneigung im Leben.